Die Resilienzgrenze wird auch die Grenze des Verkraftbaren genannt. Alles was unterhalb dieser Grenze liegt, kann über Nacht in der REM-Phase (Rapid Eye Movement-Phase) verarbeitet werden. Das heisst, während wir schlafen, verarbeiten wir das, was wir im Laufe des Tages erlebt haben, die über 9000 Bilder und sonstigen Geschehnisse. Hast du schon mal einem Menschen beim Schlafen zugeschaut und beobachtet, wie es unter den geschlossenen Augenlidern zittert und flackert? Das ist das äussere Zeichen, dass die REM-Phase aktiv ist, die beiden Gehirnhälften (Hemisphären) tanzen, schwingen und das Erlebte wird verarbeite.
Starke Emotionen, seelische Belastungen oder übermässiger Stress, überschreiten die Resilienzgrenze und frieren als Blockaden in den Körper- und Nervenzellen ein. Sie können in der Nacht nicht fertig verarbeitet werden und bleiben als Erinnerung in den Zellen hängen. Bei unverarbeiteten Emotionen und Belastungen reicht ein Auslöser von aussen wie zum Beispiel ein Wort, Geruch, Name, Geräusch, Umgebung, Menschen etc. aus, um die Kontrolle in einer Situation zu verlieren, einen Streit oder Kampf auszulösen, hektisches physisches Verlassen einer Situation oder eines Raumes. Wie durch einen Knopfdruck, wird die Zellerinnerung ausgelöst und führt zu unkontrolliertem Verhalten.
Woran erkenne ich eine Blockade? Wenn der Stresspegel über der Resilienzgrenze liegt, sind Menschen nicht mehr in der Lage, klar zu denken, zu reflektieren und überlegt zu handeln. Die drei Hauptmuster sind: ich kämpfe, ich flüchte, ich friere ein (Schockstarre, gelähmt sein).
Wenn ein Kind sich beleidigt und/oder verletzt fühlt und seine Resilienzgrenze überschritten ist, kann es sein, dass es um sich schlägt und sich nicht mehr unter Kontrolle hat. Es reagiert in seiner Situation «normal», weil es gar nicht anders kann. Oder vielleicht kennen Sie diese Situation, ein normales Gespräch am Familientisch, eine Aussage oder Reaktion eines Familienmitgliedes bringt das Kind oder den Erwachsenen an seine Grenze, der Betroffene steht auf, flüchtet und verlässt den Tisch.
Übung:
Erinnere dich doch einmal zurück, an dein schlimmstes, ungeliebtes Schulfach, vielleicht Mathe oder Französisch. Was spürst du in deinem Körper? Ist es nicht erstaunlich, dass dieses komische Gefühl, vielleicht Abneigung oder Unruhe so präsent ist, als wäre es gestern gewesen und ist vielleicht in deinem Fall 10, 20, 30 und mehr Jahre her? Dieses Phänomen nennen wir Zellerinnerung.
Die psychologische Widerstandskraft
In der Psychologie versteht man unter Resilienz auch die psychologische Widerstandskraft. Resiliente Menschen, sind Menschen welche die Fähigkeit besitzen auch in schwierigen Situationen, Krisen und Belastungen, psychisch gesund zu bleiben.
Ein gutes, vertrauensvolles und wertschätzendes Umfeld kann auf die Resilienz eines Kindes einen grossen Einfluss haben. Diese Kinder bekommen ein gutes Selbstwertgefühl von zu Hause mit, besitzen eine ausgeprägte Selbstwahrnehmung, können Gefühle benennen und mit ihnen besser umgehen. Das Kind darf sich in seinem Umfeld entwickeln, Fehler machen, sich ausprobieren und aus den logischen Konsequenzen lernen. Dadurch steigern sie ihr Selbstvertrauen und eignen sich eine Kompetenz an, wie Probleme angegangen werden können und Lösungen gefunden werden.
Widerstandskraft wird nicht angeboren. Sie entwickelt sich, indem das Kind die Möglichkeit von Erwachsenen bekommt, sich mit der Umwelt und seinem Umfeld auseinander zu setzen.
Wie können wir Erwachsenen, den Kindern diese Kompetenz vermitteln?
- Wir sprechen über unsere eigenen Gefühle und benennen diese
- Wir helfen dem Kind dabei, seine eigenen Gefühle zu erkennen und zu benennen
- Wir leben vor, wie wir mit Niederlagen umgehen, wie wir Chancen nutzen
- Wir nehmen die Emotionen des Kindes ernst
- Wir geben Fehler zu
- Wir entschuldigen uns bei anderen Menschen
- Wir zeigen dem Kind, dass egal was andere sagen, es genau richtig ist, wie es ist
Wir vermitteln unsere Werte – wie Dankbarkeit – Anerkennung - Wertschätzung
In diesem Sinne
Daniela Schlegel